
Wohlbefinden fördern: Wie eine trauma-sensible Erziehung das Leben von Kindern stärkt
In der heutigen, oft stressigen und sich rasch verändernden Welt, in der auch Unsicherheit herrscht, hat das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen für viele von uns – sei es Eltern, Lehrer oder Betreuer – höchste Priorität. Doch wie können wir jungen Menschen ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Gesundheit vermitteln, wenn wir als Erwachsene selbst mit diesen Themen zu kämpfen haben?
Die hohe Belastung durch Unsicherheit, Stress und Überforderung im Alltag – auch auf globaler Ebene – versetzt unseren Körper und Geist oft in einen Überlebensmodus. Das bedeutet, dass unser System ständig auf Alarmbereitschaft ist, was zu Angst und Stress führt. Das Leben mit chronischem Stress kann wie eine ständige, wiederholte Traumatisierung wirken, besonders wenn man die langanhaltenden Folgen der globalen Pandemie bedenkt.
Es ist bekannt, dass Stress zu Hause ansteckend ist und erhebliche Auswirkungen auf das Umfeld hat. Um Stress zu reduzieren, müssen wir als Erwachsene lernen, unsere eigenen Ängste und Unsicherheiten besser zu verstehen und zu bearbeiten. Wir müssen lernen, unangenehme Gefühle zu tolerieren und mit unserem Körper so zu arbeiten, dass wir diese loslassen können.
Ein hilfreicher Ansatz, um das zu erreichen, ist Somatic Experience. Dieser von dem renommierten Psychologen Peter Levine entwickelte Ansatz hilft uns, zu erkennen, wie Stress und Angst in unserem Körper gespeichert werden, und bietet uns einfache, aber effektive Methoden, um diese Emotionen loszulassen.
Die Grundprinzipien der Somatic Experience beinhalten:
- Trauma ist kein einzelnes Ereignis, sondern die Energie, die als Reaktion auf eine echte oder wahrgenommene Bedrohung im Körper eingeschlossen wird.
- Wenn wir nach einer Bedrohung keine Sicherheit zurückgewinnen können, bleibt unser Nervensystem im „Überlebensmodus“ – ein Zustand von Überreaktion oder Unterreaktion (Kampf, Flucht oder Erstarren).
- Somatic Experience hilft, diese im Körper festsitzende Traumaenergie zu befreien, das Nervensystem ins Gleichgewicht zu bringen und das Gefühl von Sicherheit wiederherzustellen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die trauma-sensible Erziehung. Diese kommt allen zugute, unabhängig von ihrer Vergangenheit. Sie fördert Sicherheit, Wahlmöglichkeiten und Heilung und kann dazu beitragen, den stressigen Auswirkungen von Traumata entgegenzuwirken. Eine traumaorientierte Erziehung hilft nicht nur den Kindern, sondern auch den Erwachsenen, das eigene Wohlbefinden zu verbessern.
Häufige traumatische Ereignisse sind unter anderem:
- Pandemien
- Unfälle oder schwere Krankheiten
- Gewalt oder häusliche Konflikte
- Missbrauch (emotional, verbal oder körperlich)
- Verlust von Eltern oder Trennung
- Mobbing
- Der Tod eines geliebten Menschen
- Armut oder Arbeitsplatzverlust der Eltern
Manchmal kann auch eine erzwungene Anpassung an gesellschaftliche Normen (z. B. das Verbot zu weinen, zu schreien oder wütend zu sein) zu einer tiefen inneren Verletzung führen, da das Kind seine Authentizität aufgeben muss, um Bindung zu erfahren.
Wenn ein Kind ein Trauma erlebt hat, äußert sich das häufig in Verhaltensänderungen. Ein plötzliches oder unangemessenes Verhalten kann auf unbewältigte Traumata hinweisen, aber auch auf unerfüllte Bedürfnisse oder eine Reaktion auf deine eigenen Wunden. Besonders Kinder, die traumatisiert sind, haben Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu regulieren, und können Anzeichen von Angst, Depressionen oder Frustration zeigen. Weitere Hinweise sind:
- Rückentwicklung altersgerechter Fähigkeiten
- Schlafstörungen oder Essprobleme
- Vermehrte Aggression oder Frustration
- Schwierigkeiten, sich von den Eltern zu trennen
Hier sind sechs einfache Wege, wie du einen traumabasierten Ansatz in deinen Beziehungen zu Kindern und Jugendlichen integrieren kannst:
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Verstehe die Grundlagen von Trauma:
Trauma entsteht aus unerwarteten und belastenden Erfahrungen, auf die eine Person nicht vorbereitet ist. Wenn das Gehirn und der Körper überfordert sind, wird die Erfahrung zum Trauma. Wird diese Überforderung chronisch, kann das langfristige Schäden im Gehirn und dem Nervensystem verursachen. -
Erkenne die Anzeichen von Stress:
Stress kann sich auf unterschiedliche Weise zeigen, besonders bei Jugendlichen. Anzeichen wie Rückzug, Aggression oder Unverständnis gegenüber elterlicher Fürsorge können Hinweise darauf sein, dass ein Jugendlicher mit Stress überfordert ist. Es ist wichtig, hinter dem Verhalten das Bedürfnis nach Unterstützung zu erkennen. -
Stelle die richtigen Fragen und reagiere empathisch:
Anstatt zu fragen „Was ist los mit dir?“, frage „Was ist dir passiert?“ und höre aktiv zu. Zeige Empathie und mache deinem Kind klar, dass es nicht an ihm liegt und dass das, was passiert ist, nicht seine Persönlichkeit widerspiegelt. -
Schreiben als Therapie:
Das Aufschreiben belastender oder traumatischer Erfahrungen kann helfen, Emotionen zu verarbeiten und das psychische Wohlbefinden zu fördern. Ermutige dein Kind, ein Tagebuch zu führen oder seine Gefühle in einem sicheren, vertraulichen Raum niederzuschreiben. -
Erdungsübungen:
Erdungsübungen wie der „Butterfly Hug“ (das sanfte Klopfen auf die Brust) können einem gestressten Kind oder Jugendlichen helfen, sich wieder im gegenwärtigen Moment zu verankern und seine Emotionen zu regulieren. Diese Techniken fördern das Gefühl von Sicherheit und Ausgeglichenheit. -
Förderung von Dankbarkeit:
Dankbarkeit schützt vor den negativen Auswirkungen von Stress und Trauma. Du kannst ein Dankbarkeitsglas in deinem Zuhause oder Klassenraum einführen, in das täglich kleine Zettel mit Dingen, für die man dankbar ist, gelegt werden. Diese einfache Übung kann in schwierigen Zeiten Trost und Hoffnung spenden.
Abschließend ist es wichtig, in einer trauma-sensiblen Erziehung eine Wachstumsmentalität zu fördern. Das bedeutet, Misserfolge als Lernmöglichkeiten zu betrachten, was sowohl für Kinder als auch für Erwachsene hilfreich sein kann. Wenn wir beginnen, diese Prinzipien zu verstehen und anzuwenden, können wir sowohl das Wohlbefinden unserer Kinder als auch unser eigenes verbessern. Es ist der erste Schritt in eine positive Richtung – und es lohnt sich, ihn zu gehen.